In Tann wird lieber saniert, als neu gebaut
Wenn Sie auf das vergangene Jahr 2023 zurückblicken, mit welchem Songtitel würden Sie es beschreiben?
Wolfgang Schmid: „Ja, mia san mit’m Radl da“ von „Die drei lustigen Moosacher“.
Über was haben Sie sich 2023 besonders gefreut? Und über was besonders geärgert?
Ganz besonders gefreut hat mich, dass mit dem Bau des Radweges von Tann nach Gasteig begonnen wurde. Der Anfang ist nun endlich gemacht für den längst überfälligen Ausbau der Staatsstraße 2090 mit Radweg von Tann nach Untertürken. Deshalb auch der Songtitel auf Ihre Eingangsfrage. Ich habe aufgehört, mich zu ärgern. Das kostet nur unnötig Energie.
Wie ist Ihr persönliches Fazit, wenn sie auf 2023 zurückblicken?
Es geht voran mit der Entwicklung der Marktgemeinde. Die Herausforderungen sind groß, aber wir sind auf einem guten Weg. Für mich persönlich war 2023 das Jahr der Stabilisierung und Etablierung. Nach einer sehr schwierigen Anfangszeit, geprägt auch von Corona, mit vielen strukturellen und personellen Veränderungen, in der u.a. unsere Großprojekte (z.B. Generalsanierung Grund- und Mittelschule, Neubau Kläranlage) begonnen wurden und unsere Verwaltung im Rathaus zukunftsfähig aufgestellt wurde, habe ich das Gefühl, dass ich seit dem letzten Jahr im Bürgermeisteramt endgültig angekommen bin.
Gab es etwas, das Sie zum Lachen bzw. zum Weinen gebracht hat?
Weinen könnte ich zum einen, wenn ich die schrecklichen Bilder und Nachrichten der völlig unsinnigen Kriege, die derzeit in der Ukraine oder auch im Gazastreifen herrschen, sehe. Ich frage mich, warum der Mensch nicht klüger wird und immer wieder die gleichen Fehler macht. Zum anderen könnte ich über die völlig verfehlte Politik der Ampelkoalition in Berlin weinen. Herzhaft lachen kann ich über gute Pointen bei Kabarettisten. Da freue ich mich schon wieder auf das Kabarett-Brettl beim Tanner Kunstmarkt.
Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen gehen Sie ins neue Jahr?
Ich hoffe sehr, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der hohen Preise, der steigenden Zinsen, des Fachkräftemangels, der Kriege und der zum Teil nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Bundespolitik nicht in dem befürchteten Maße eintreten und unsere Bürger, Firmen, Handwerker, Landwirte und letztlich auch unseren kommunalen Haushalt nicht übermäßig belasten. Ebenso hoffe ich, dass die Demokratie in Deutschland standhaft bleibt und die Gesellschaft zusammenhält.
Worauf freuen Sie sich heuer?
Ich freue mich wieder auf die vielen Feste und Veranstaltungen unserer Vereine und auf eine schöne Schwimmbad-Saison in unserem tollen Freibad. Ich mache ja am liebsten Urlaub zu Hause. Ebenso freue ich mich auf die Gemeindefahrt zu unserer Partnerstadt Tann (Rhön). Mit über 50 Bürgern werden wir Anfang September in die Urlaubsregion in Hessen reisen und auch das Tanner Wirtefest besuchen.
Welche persönlichen Vorsätze haben Sie für 2024?
Ich habe mir vorgenommen, mehr Sport zu treiben, um das eine oder andere überflüssige Kilo zu verlieren. Insbesondere habe ich vor, mehr mit meinem E-Bike, auch dienstlich, unterwegs zu sein. Wir bieten unseren Mitarbeitern das Job-Rad an. Da möchte ich natürlich Vorbild sein.
Große Themen werden heuer bestimmt wieder die Kindergärten, Krippe und die Schulen sein.
Das ist richtig. Aufgrund steigender Anmeldezahlen steht das Jahr ganz im Zeichen der Schaffung neuer Plätze für Kinder. In unseren Kindertageseinrichtungen werden wir ab Herbst etwa 180 Kinder betreuen. Wir haben ja aktuell vier Einrichtungen. Das ist zum einen der Hauptkindergarten in Tann, in der Wallnerstraße die Kinderkrippe und daneben die vor zwei Jahren gegründete Schildkrötengruppe.
In Walburgskirchen ist der Kindergarten im Grundschulgebäude, wo wir nun zusätzlich investieren. Das Ziel ist, dass die jetzige Gruppe aus dem Erdgeschoss in das erste Obergeschoss zieht und dort um eine weitere Gruppe erweitert wird, sodass dann insgesamt 50 Plätze zur Verfügung stehen. Die zwei Gruppen haben dann eine Fläche von 300 Quadratmetern. Wir planen zu Beginn des neuen Schuljahres im September fertig zu sein. Der untere Bereich könnte dann vielleicht für das Thema Ganztagsbetreuung zur Verfügung stehen. Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht.
Auch die Klassenräume wurden 2023 saniert. Ist die Maßnahme schon abgeschlossen?
Die zwei Klassenräume, in denen die Kombiklassen jetzt sind, haben wir saniert und modernisiert. Im Nachgang werden nun noch energetische Maßnahmen durchgeführt, wie Dämmarbeiten am Dach und wir bekommen eine neue Pelletheizung. Wir haben uns entschieden, dass wir unsere Bestandsgebäude revitalisieren wollen, statt neu zu bauen. Das geht nicht nur schneller, sondern ist auch günstiger. Die Baukosten in Walburgskirchen belaufen sich inklusive Außenspielflächen, Personalstellplätze, etc. auf etwa 550000 Euro.
Wie sieht es mit den Kindergärten und Krippen aktuell in Tann aus?
Unser Ziel ist, dass wir weiterhin alle Anmeldewünsche erfüllen können. In der Wallnerstraße ist links die Krippe mit zwei Gruppen, also insgesamt 30 Kindern, angesiedelt. Eine weitere Gruppe soll im alten Rathaus daneben entstehen und nochmal Platz für 15 Kinder schaffen. Dafür soll es einen Durchgang von der Krippe ins Bestandsgebäude geben, das auch saniert wird. Mit den Arbeiten haben wir bereits begonnen, fertig sein soll alles Anfang 2025.
Wie läuft es mit der Sanierung der Grund- und Mittelschule?
Die Generalsanierung der Grund- und Mittelschule läuft noch und soll jetzt im ersten Halbjahr fertig werden. Wir freuen uns, bald unseren Schülern eine topmoderne Lernumgebung zu bieten. Insgesamt hat sich alles nun um ein halbes Jahr verzögert und auch mit Kostensteigerungen sind wir konfrontiert.
Wie sieht es denn mit neuen Baugebieten aus?
Das letzte große Baugebiet in Tann mit 40 Parzellen und in Zimmern mit zehn war schnell verkauft. In der Planung ist aktuell ein Baugebiet in Eiberg. Da soll es im April mit der Erschließung losgehen. Acht Parzellen werden dort entstehen. Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit in Tann in der Pfarrkirchenerstraße weitere 13 Parzellen entstehen zu lassen. Wir sind auch noch in Grundstücksverhandlungen, z. B. in Walburgskirchen. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Was mich besonders freut, ist, dass junge Familien auch alte Häuser in den bestehenden Siedlungen kaufen und wieder mit Leben füllen. Damit haben wir zum Glück keine „Donut“-Situation, also neue Siedlungen um einen Ortskern herum und in der Mitte herrscht Leerstand. Daher ist es wichtig, wenn sich die Leute im Ortsinneren ansiedeln.
Apropos Leerstände: Wie stark betroffen ist Tann?
Wenn man einen Blick auf den Marktplatz wirft, sieht man, die Geschäfte werden weniger. Oft sterben Alteingesessene, dann stehen die Häuser leer. So wurden auch aus manchen Geschäften Wohnungen. Dadurch verändert sich der Platz natürlich. Weniger Gewerbe, dafür mehr Parker.
Wirbt man um Gewerbe?
Aktiv nein. Den klassischen Einzelhandel von früher gibt es eigentlich nicht mehr. Durch Corona hat er sich noch mehr ins Internet verlagert. Was uns aber sehr freut, ist das neue italienische Restaurant in der Bachstraße, „Bistro&Pizza by Di Bella“. In den Siedlungen gibt es nicht viel Leerstand. Da werden die Häuser verkauft und gekauft.
Was passiert mit dem Weideneder-Areal?
Es geht voran. Es ist mit Sicherheit ein positives Zeichen, dass mit Abrissarbeiten begonnen wurde. Man muss bedenken, dass es wirtschaftlich eine schwere Zeit ist, aber die Investoren haben interessante Pläne und Ideen und ich würde mir wünschen, dass sie umgesetzt werden. Das Areal ist sehr ortsprägend für uns. Ich bin froh, dass es heimische Investoren gekauft haben, denen die Entwicklung Tanns am Herzen liegt.
Ein Schock war die Schließung des Seniorenheims. Wissen Sie, was damit nun geschehen soll?
Das Haus Sebastian ist nach wie vor ans Landratsamt vermietet als Flüchtlingsunterkunft. Die Befürchtung, dass auch St. Josef als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden wird, ist da. Ich wurde darüber informiert, dass man in diese Richtung denkt. Allerdings wird auch versucht, das Objekt zu veräußern. Man würde sich wünschen, dass dort wieder eine Seniorenbetreuung reinkommt. Das war über 40 Jahre so und der Bedarf besteht nach wie vor. Die Insolvenz war ein herber Schlag und die Kurzfristigkeit, in der die Bewohner ausziehen mussten. Sämtliche Bewohner und Mitarbeiter haben zwar neue Plätze bekommen und das Essen auf Rädern konnte kurzfristig auch durch einen neuen Anbieter sichergestellt werden, aber auch ich war verärgert über die Kommunikation seitens des Trägers.
Tann hat seit Neuestem einen Kulturbeauftragten. Was steht kulturell auf dem Programm?
Der Martinimarkt, unser ältester Markt, bereitet uns Sorgen. Die Besucher würden kommen, nur leider gibt es immer weniger Fieranten. Wir überlegen daher, ein Rahmenprogramm zu organisieren, um dem Markt so wieder attraktiver zu machen. Darüber hinaus planen wir vom 5. bis 6. Juli ein Bachstraßenfest. Wir wollen den schönen Flair nutzen, und mit Essen und Musik ein weiteres Event bieten. Auch ein Schwimmbadfest ist angedacht.
Welche Investitionen hat man letztes Jahr abgeschlossen?
Die Fertigstellung der Kläranlage in Tann und der Druckleitung von Zimmern nach Tann war neben der Sanierung der Ufermauer am Tanner Bach die größten und wichtigsten Projekte.
Bei der Sanierung der Zimmerner Straße waren wir stark involviert. Ein Haus wurde weggerissen, so wurde die Einmündung bequemer und der Gehweg wurde erneuert. Einen solchen haben wir auch in Eiberg gebaut, was gerade für die Siedlung, die dort entstehen soll, wichtig ist. Auch bei der Ortsdurchfahrt in Walburgskirchen waren wir für den Gehweg zuständig.
Und was steht dieses Jahr an?
Unsere größte Baumaßnahme, zumindest was Tiefbau betrifft, wird in diesem Jahr der Geh- und Radweg an der Schildthurnerstraße. Seit Jahren wollen wir das angehen, nun haben wir es geschafft. Im Rahmen dessen wird auch der Damm als Hochwasserschutzmaßnahme verstärkt. Im Herbst soll alles fertig sein.
Gibt es Pläne für Erneuerbare Energien?
Auf den Gebäuden der neuen Kläranlage sollen PV-Anlagen angebracht werden. Auf der Grund- und Mittelschule ist das schon im letzten Jahr geschehen. Weiter hoffen wir über die ILE-Gründung, dass man sich mit anderen Gemeinden austauscht und so gemeinsam Lösungen findet.
Wie steht es um die E-Mobilität?
Wir haben kürzlich beschlossen, für den Bauhof ein E-Fahrzeug anzuschaffen. Außerdem planen wir eine öffentliche Ladesäule am Busparkplatz.
Wie sieht’s mit Mobilfunk aus?
Nach acht Jahren haben wir es geschafft und der Mast in Walburgskirchen steht. Die Leitungen müssen noch verlegt werden. Weiter haben wir entschieden, dass Zimmern auch einen Mast bekommen soll und zwar bei der Stockschützenhalle.
Auch der Breitbandausbau schreitet voran. Wie ist die Lage?
Wir sind im Cluster Süd und hier laufen aktuell die Maßnahmen, um die letzten weißen Flecken zu beseitigen. Im Tanner Gebiet waren es noch 102 Adressen. Die Telekom hat weiter angekündigt, 2027 einen eigenwirtschaftlichen Ausbau im Kerngebiet vorzunehmen. Geplant ist die Umstellung auf Glasfaser. Lästig ist nur, dass dafür viel aufgerissen wird.
Welche größeren Maßnahmen sind für die Zukunft geplant?
Wir haben die Grundsatzentscheidung getroffen, den Bauhof neu zu bauen und zwar auf dem Areal der neuen Kläranlage. Der jetzige Standort neben der Feuerwehr wird zu klein. Heuer will man mit den Planungen beginnen. Ebenfalls ist der Bau einer neuen Turnhalle am Schulgelände auf dem Wunschzettel.
Interview: Laura Stewart; PNP, Samstag, 09.03.2024